Textvorschlag vom 25.12.07
von Gisela Lindemann

»Gestern lag ich lange wach - ich kann jetzt nie vor ein Uhr einschlafen, muß aber schon um zehn ins Bett - dann träume ich verschiedenes im Dunkeln. Gestern dachte ich also: wie merkwürdig das ist, dass ich ständig in einem freudigen Rausch lebe - ohne jeden besonderen Grund. (...) Da liege ich still allein, gewickelt in diese vielfachen schwarzen Tücher der Finsternis, Langeweile, Unfreiheit des Winters - und dabei klopft mein Herz von einer unbegreiflichen, unbekannten inneren Freude, wie wenn ich im strahlenden Sonnenschein über eine blühende Wiese gehen würde. Und ich, ich lächle im Dunkeln dem Leben, wie wenn ich irgendein zauberhaftes Geheimnis wüsste, das alles Böse und Traurige Lügen straft und in lauter Helligkeit und Glück wandelt. Und dabei suche in selbst nach einem Grund zu dieser Freude, finde nichts und muß wieder lächeln über mich selbst. Ich glaube, das Geheimnis ist nichts anderes als das Leben selbst, die tiefe nächtliche Finsternis ist so schön und weich wie Sammet , wenn man nur richtig schaut. Und in dem Knirschen des feuchten Sandes unter den langsamen schweren Schritten der Schildwache singt auch ein kleines, schönes Lied vom Leben - wenn man nur richtig zu hören weiß... «

(Rosa Luxemburg an Sophie Liebknecht Breslau, Mitte Dezember 1917)

Bild vom 27.12.07
Bild Nummer 275
Technik: Ölfarbe, Grafit auf Papier
Originalgröße: 21 x 29 cm

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